Polaritäten aushalten – Polarisationen unterlaufen.
Oder: über die Lebenskunst des dramatisch-freiheitlichen Dialogs
Vorsicht bei allen Gut-Böse-Gegenüberstellungen; gleichviel, ob sie im Rechts-Links-,West-Ost-, Pro-Anti-Schema thematisiert werden oder als Demokratisch-Faschistisch-, Global-National-, Divers-Binär-Option. Vorsicht deshalb, weil es sich dabei oft um unversöhnliche Freund-Feind-Polarisationen handelt, um ideologische und propagandistische Polarisationen.
Erste These: Polarisationen sind über Feindbilder konstruierte Pseudo-Polaritäten. Wohingegen echte Polaritäten ‚Realitäten’ sind, in denen wir leben – und mit denen wir oft auch leben müssen.
Zweite These: Wenn wir wissen wollen, ob es sich um eine Polarität oder eine Polarisation handelt, müssen wir uns dem Konflikt stellen, müssen ihn durchleben und durchdenken – mit all seinen oft irreduziblen Ambivalenzen. Das geht nur, wenn wir mit den Konfliktparteien ringend reden.
Dritte These: Dann kann das passieren, was ich Schiedlich-Machung nenne: dem Konflikt entspringen neue, reellere und lebensangemessenere Optionen. Optionen, die die bisherigen Zwangsoptionen – entweder Für oder Gegen – unterlaufen; und die dann, wenn es klappt, keine Zwangsoptionen, sondern Freiheitsoptionen darstellen.
Vierte These: Um zu diesen Freiheitsoptionen zu gelangen, müssen wir das Schwarz-Weiß-Denken hinter uns lassen, und die Lebenskunst des dramatisch-freiheitlichen Miteinander-Redens lernen.
Der Vortrag wird diese vier Thesen anhand einiger aktueller Streitthemen veranschaulichen und weiterentwickeln: Krieg-Frieden, Körper-Leib, Bipolar-Multipolar.
Dr. Robert J. Kozljanic
Arbeitsschwerpunkte: Lebensphilosophie, Phänomenologie, Kulturgeschichte, Mythologie, Naturvermittlung und Erlebnispädagogik. Seit 30 Jahren in der
Flüchtlingsarbeit tätig. Leitete Sozialkompetenzkurse für Jugendliche
in den Justizvollzugsanstalten Ebrach und Bernau. Freier Mitarbeiter am Pädagogischen Institut der Stadt München. Leiter des Albunea-Verlags München