Die optimale Lernzone befindet sich laut erlebnispädagogischem Lernzonenmodell zwischen Komfortzone und Panikzone (bzw. Todeszone). Ein Zuviel an Komfort, Überschaubarkeit, Alltäglichkeit und Sicherheit ist dem Lernen abträglich. Es lullt ein, es lockt und fordert nicht, es hindert, sich auf Neues einzulassen, Anderes kennenzulernen, sich vom Anderen berühren zu lassen, daraus zu lernen und daran zu wachsen. Auf der anderen Seite ist aber auch ein Zuviel an Panik, Gefahr, Angst und Unsicherheit dem Lernen abträglich. Es lähmt, engt ein, führt zu Abwehrhaltung, Horizontverengung, Fluchtreaktion, Regression. – Aristoteles hat die Tugend als eine Mitte zwischen zwei Extremen bestimmt; nicht im geometrischen, sondern im lebendigen Sinne, nämlich so, dass die Tugend immer näher an dem einen Extrem sei als an dem anderen. Genau besehen entspricht das nicht dem, was die Rede von der „goldenen Mitte“ (i. S. des Mittelmaßes) suggeriert.
So ist nach Aristoteles z. B. die Tugend der Tapferkeit kein Mittelmaß, sondern sie liegt zwischen den Extremen der Feigheit und der Tollkühnheit, aber wesentlich näher an der Tollkühnheit. In diesem Sinne könnte man sagen, dass das Lernen im erlebnispädagogischen Kontext – als „Lernen durch eigenes Erleben und Erfahren“ – ebenfalls zwischen zwei Extremen liegt: zwischen komfortabler Alltagsroutine und bedrohlichem Grenzerleben, aber eben näher am Grenzerleben. Meist wird die Lernzone aber nur als banale „goldene Mitte“ zwischen Komfortzone und Panikzone gesehen. Die Nähe zum Grenzerleben wird dabei oft unterschlagen. Denn diese Nähe ist für die Erlebnispädagogen unbequem. Erfordert sie doch ein erhöhtes Maß an Risikokompetenz und die Bereitschaft, sich auch selbst ins Offene zu wagen, d. h. zu lernen. Diese Nähe zum Grenzerleben bringt zudem immer auch Faktoren mit sich, die nicht restlos kontrollierbar sind.
Was bedeutet diese Nähe zum Grenzerleben aber, wenn wir sie bewusst zulassen und integrieren? Wie müssen wir das Lernzonenmodell weiterentwickeln, um dieser Tatsache gerecht zu werden? Welche erlebnispädagogischen Konsequenzen ergeben sich hieraus? Diesen und ähnlichen Fragen werden der Erlebnispädagoge Kurt Daschner und der Philosoph Robert Kozljanič gemeinsam mit den Teilnehmenden nachgehen.
Leitung: Dr. Robert Kozljanič, Philosoph, München; Kurt Daschner, Pädagogisches Institut des Referates für Bildung und Sport, München